Es ist ein Kontrast, der kaum stärker hätte ausfallen können.

Eine Nacht zuvor waren wir noch in der sündigen Spielerstadt Las Vegas (Nevada) mit unzähligen Menschen und noch mehr bunten und blinkenden Lichtern. Jetzt ist es schon fast dunkel, als wir am frühen Abend in Springdale (Utah) ankommen. Keine grellen Lichter, kein aufreizendes Flackern. Stattdessen kehrt Ruhe ein. Die ersten Geschäfte sind bereits geschlossen, das Leben des Ortes konzentriert sich auf den Supermarkt, die Tankstelle und die wenigen lokalen Restaurants. Hinter den Häusern des Ortes erheben sich zu fast allen Seiten die Rückseiten der Berggipfel, die dem Zion Nationalpark angehören. Mit zu dieser Szenerie gesellen sich zu späterer Stunde unzählige Sterne am Nachthimmel: fast so viele wie es einen Abend zuvor noch bunte LED-Lichter in der Glitzermetropole Las Vegas gewesen sind.


Der Himmel ist bewölkt, als wir unser Motel, das Bumbleberry Inn, am frühen Morgen verlassen. Mit dem regelmäßig durch Springdale verkehrenden Shuttlebus geht es in das nur wenige Minuten entfernte Infozentrum am südlichen Eingang. Amerikanisch-typisch gut organisiert geht von hier aus dann der nächste Shuttlebus, der in das Zentrum des Zion Nationalparks fährt und an mehreren Haltestellen Zu- oder Ausstiege zulässt. Die gut gelaunte Fahrerin gibt auf der Fahrt hinein noch letzte Tipps zu den besten Stellen und schönsten Wanderwegen, bevor wir an der Endhaltestelle Temple of Sinawa aussteigen.

Bumbleberry Inn in Springdale

Bumbleberry Inn in Springdale

Virgin River im Zion Nationalpark

Virgin River im Zion Nationalpark

Vom Temple of Sinawa bis hin zu The Narrows verjüngt sich der Zion Canyon mehr und mehr, während die Felswände gefühlt höher und höher werden. Inmitten der kargen Felswände wirkt die grüne Flusslandschaft schon fast wie eine Oase inmitten einer Steinwüste. Hier und da bietet sich die Chance, den Wanderweg zu verlassen und an das erfrischende Wasser des Virgin Rivers zu gelangen. Heute haben wir Glück: im Einzugsgebiet des Flusses war es zuletzt trocken. Denn das, was hier so idyllisch ausschaut, kann sich innerhalb von wenigen Minuten in einen reißenden Strom verwandeln und alles mitreißen, was sich ihm im Weg befindet – alles andere als eine Oase oder eine idyllische Vorstellung.

Riverside Walk im Zion Nationalpark

Riverside Walk im Zion Nationalpark

The Narrows

The Narrows

An Regen, Wolkenbrüche und Chaos wollen wir jetzt aber nicht denken. Im Gegenteil: die Bewölkung vom Morgen hat sich gelockert, blaue Lücken lassen immer wieder die Sonne durch. Es wird wärmer, der Wind kommt derzeit kaum in den Canyon hinein, die Felsen wärmen sich im Sonnenlicht deutlich auf. An einer Steinformation taucht ein alter Bekannter auf, wie schon fünf Jahre zuvor im Yosemite Nationalpark begrüßt uns auch hier eines der zahlreichen Grauhörnchen, als wir uns von den Narrows wieder zurück in Richtung Temple of Sinawa begeben. Mit dem Shuttlebus geht es eine Haltestelle weiter: zum Big Bend Viewpoint.

Grauhörnchen am Wegesrand

Grauhörnchen am Wegesrand

Umrahmung der Schlucht

Umrahmung der Schlucht

Am Big Bend Viewpoint herrscht Ruhe. Die Haltestelle wird nur auf den Wegen zurück ins Zion Village angefahren und ist daher auch nicht so stark frequentiert. Das einzige, was man hier vernehmen kann, sind spitze Schreie, die von den steilen Felswänden widerhallen. Sie stammen von Falken, die im Zion Nationalpark zwischenzeitlich nahezu ausgestorben waren. Hinter uns, inmitten des Tals, fließt der Virgin River durch das grüne Herz des Parks. Ein schmaler ausgetretener, später etwas steiler werdender Fußweg führt hinunter zum Ufer des Flusses. Hier steigt eine besondere Felswand in den Himmel hinauf: weiter oben, auf seinem Kamm, führt der berühmte Wanderweg Angel’s Landing her.

Big Bend Viewpoint

Big Bend Viewpoint

Zion Nationalpark

Zion Nationalpark

Der Nachmittag wird langsam später. An der Zion Lodge kommen wir kurz zur Ruhe und setzen uns unweit des majestätischen Baumes in das frische grüne Gras der großen Wiese. Wir lassen den Moment einfach passieren und beobachten das Geschehen um uns herum. Kinder spielen auf der Wiese und laufen umher, eine Gruppe Jugendlicher macht Selfies und schaut sich die Fotos des Tages an, andere sitzen einfach im Gras und genießen den Moment. Von diesen Genussmomenten gibt es hier viele – jede Ecke, die wir hier bislang sehen durften, ist ein wahrer Augenschmaus. Doch wir sind noch nicht am Ende: ein letzter Abschnitt, der Emerald Pools Trail, steht noch an.

Die hölzerne Brücke über den Virgin River läutet unsere letzte Etappe ein. Der einfach zu laufende Rundweg  zu den Lower Emerald Pools liegt bereits im Schatten und führt leicht gekurvt und mild ansteigend den Hang hinauf. Immer wieder blinzelt hinter den grünen Baumwipfeln die gegenüberliegende, rotgefärbte Wand des Zion Canyons auf. Schon bald wird aus dem Anstieg ein kleiner Abstieg und der Lower Emerald Pool liegt vor uns: ein rundes Felsbecken, gefüllt mit smaragdfarbenen Wasser, welches von den überhängenden Sandsteinformationen in kleinen Wasserfällen hinab plätschert.

Ein kleines Idyll, inmitten des Zion Nationalparks.


Staring at the ceilingTwo weeks and I’ll be homeCarry the feelingThrough Paris, all through RomeAnd I’m still thinking back toA time under the canyon moon

Harry Styles – Canyon Moon

Wanderweg im Zion Nationalpark

Wanderweg im Zion Nationalpark

Emerald Pool

Emerald Pool